Die globale Energiewende beschleunigt sich und entwickelt sich ständig weiter – und damit auch die erforderlichen Investitionen in die zugrunde liegende Infrastruktur. Neben grossen Anlagen wird viel mehr Kapital benötigt, um mittelgrosse, auf nachhaltige Energielösungen spezialisierte Unternehmen zu unterstützen, die kleinere Projekte entwickeln und umsetzen, die dann in gut diversifizierten Portfolios zusammengefasst werden können. Anlagestrategien, die sich entsprechend weiterentwickeln, können attraktive neue Möglichkeiten für Kapitalgeber schaffen.

Die Energiewende – die Dekarbonisierung der globalen Energieerzeugung, -verteilung und -nutzung – ist sowohl unvermeidlich als auch eine komplexe und gewaltige globale Herausforderung. Angesichts des Kapitalbedarfs stellt sie auch eine enorme Investitionschance dar.

Im Jahr 2023 machten Investitionen in die Erzeugung erneuerbarer Energien zum ersten Mal nicht mehr den grössten Anteil an Investitionen in die Energiewende aus. Nach Angaben von BloombergNEF rückten Investitionen in die Elektrifizierung des Transportsektors an erste Stelle, was vor allem auf die weltweite Verbreitung von Elektrofahrzeugen zurückzuführen ist. [1]

Diese Entwicklung unterstreicht eindrucksvoll, wie schnell sich die Energiewende in den letzten Jahren entwickelt hat. Die Energiewende wird endlich als eine ganzheitliche, sich über Themen und Sektoren erstreckende Transformation erkannt, die über die Energieerzeugung hinausgeht. Sie beinhaltet Investitionen in Stromnetze, Speicherung, Endverbrauchseffizienz (Industrie, Gewerbe und Haushalte), Elektrifizierung kohlenstoffintensiver Sektoren (z. B. Verkehr, Wärme) und andere kundenorientierte Lösungen für die nachhaltige Energienutzung.

Es stimmt einem zuversichtlich, dass die Kapitalströme angesichts der sich bietenden Investitionsmöglichkeiten zunehmend diesem erweiterten Verständnis entsprechen. Dieser Trend muss sich in grossem Umfang fortsetzen, um die dringend benötigte Energiewende zu beschleunigen. Laut dem „1,5°C-Szenario“ der Internationalen Agentur für erneuerbare Energien („IRENA“) werden erneuerbare Energien in den nächsten 27 Jahren die grössten Investitionen erfordern, dicht gefolgt von Energieeffizienzmassnahmen und Investitionen in Stromnetze, Energiespeicherung und Elektrifizierung des Endverbrauchs. Und die Beträge sind enorm: IRENA schätzt, dass bis 2050 130 Billionen USD investiert werden müssen, was einem Durchschnitt von 4,8 Billionen USD pro Jahr entspricht. [2]

Die überwiegende Mehrheit der für die Energiewende erforderlichen Investitionen weist klassische Infrastruktureigenschaften auf: Es handelt sich um langlebige, physische Anlagen, die hohe Anfangsinvestitionen erfordern, aber relativ niedrige Betriebskosten haben, ihren Nutzern unerlässliche Dienste erbringen, sichtbare und oft vertraglich festgelegte Cashflows erzeugen und gegenüber makroökonomischen Schwankungen oder allgemeinen Marktbewegungen widerstandsfähig sind.

Um einen offensichtlichen, aber oft übersehenen Punkt anzusprechen: Die Energiewende wird nur dann vorangetrieben, wenn neue Anlagen entwickelt, gebaut, betrieben und finanziert (oder bestehende Infrastrukturen umgestaltet) werden – der Erwerb bestehender „nachhaltiger“ Anlagen trägt nicht viel zur globalen Dekarbonisierung bei.

Betrachtet man die aktivsten Themen der Energiewende, so zeichnen sich einige Trends ab: Die einzelnen Projekte sind kleiner, dezentraler, zahlreicher und werden von einer zunehmenden Vielfalt an beteiligten Partnern und Akteuren realisiert. Die gross angelegten Projekte für erneuerbare Energien der ersten Energiewende-Welle erforderten entsprechende Investitionen in grossem Massstab. Die sich abzeichnenden, stärker dezentralisierten und zersplitterten Trends der Gegenwart erfordern jedoch ein viel differenzierteres Vorgehen der Investoren und die Fähigkeit, kleine und mittelgrosse Projekte zu grösseren Portfolios zusammenzufassen.

Diese Entwicklungen haben auch das Ökosystem von Projektentwicklern, Betreibern und weiteren Projekt-Aggregatoren verändert. Heute gibt es eine grosse Anzahl engagierter und ambitionierter mittelgrosser Unternehmen im Bereich der Energiewende. Dazu gehören Entwickler von erneuerbaren Energien und Energiespeicherlösungen sowie Energiedienstleister und Betreiber von Ladestationen für Elektrofahrzeuge. Diese verfügen über das sehr spezifische Fachwissen, welches für die Entwicklung und Umsetzung dieser Projekte nötig ist und sind in der Lage, umfangreiche Projektpipelines zu generieren. Sie sind lokal verwurzelt, gut vernetzt, haben ein besseres Verständnis und eine höhere Wertschätzung für die jeweiligen ökologischen und sozialen Auswirkungen von Projekten, haben engere Verbindungen zu den Endkunden und sind daher gut positioniert, um diese Projekte voranzutreiben.

Mit dem Voranschreiten der Energiewende sollten auch Investitionsstrategien entsprechend angepasst werden. Es wird zunehmend Kapital benötigt, um die Aktivitäten mittelgrosser, nachhaltiger Energieunternehmen zu finanzieren, die vergleichsweise kleinere Projekte als Teil von gut diversifizierten Portfolios umsetzen. Es wird Kapital benötigt, um den Bau der zugrunde liegenden Anlagen zu finanzieren und die Wachstumspläne dieser Unternehmen durch die Finanzierung von Projekt- und Geschäftsentwicklungsaktivitäten zu unterstützen.

Benötigt wird Infrastrukturkapital im institutionellen Massstab, sowohl für den Ausbau der zu Grunde liegenden Projekte als auch für das Wachstum der Unternehmen, die sie umsetzen.

Über die finanzielle Unterstützung hinaus können diese Unternehmen in erheblichem Masse vom spezialisierten, globalen Fachwissen der Finanziers profitieren. Dazu gehört die Wissensvermittlung zu Fragen der Unternehmensführung sowie ökologischen und sozialen Erwägungen, die Realisierung von Synergien im Beschaffungswesen, die Umsetzung von Best-Practice-Prozessen, auch in Bezug auf Nachhaltigkeitspraktiken, Unterstützung bei der Beschaffung von Fremdkapital und die Einbindung dieser Unternehmen in ein grösseres Netzwerk gleichgesinnter Akteure.

Auf die Energiewende spezialisierte Investmentmanager können diese Unternehmen mit Kapital und Fachwissen dabei unterstützen, nachhaltig zu wachsen. Im Gegenzug erhalten sie privilegierten Zugang zu Investitionsmöglichkeiten und ermöglichen es somit Anlegern, Kapital in grossem Umfang zu attraktiven risikobereinigten Renditen in stark diversifizierten Sachwertportfolios anzulegen.

Die resultierenden Investitionsrenditen ergeben sich wie bei traditionellen Infrastrukturinvestitionen aus den zugrunde liegenden Projektrenditen. Darüber hinaus bieten diese Investitionen jedoch ein erhebliches Wertsteigerungspotenzial aufgrund internalisierter Projektentwicklungsprämien, dem Wachstum der Unternehmen, in die investiert wird (Plattformwert), und der Nutzung von Wertschöpfungsmöglichkeiten durch aktives Portfoliomanagement.

Die Energiewende bleibt eine der grössten und dynamischsten Investitionsmöglichkeiten unserer Zeit. Während sich das Feld der Möglichkeiten rasch ausweitet, führt das Aufkommen neuer Technologien und Energielösungen neben der anhaltenden Fragmentierung des Energiesektors zu zusätzlicher Komplexität. Nicht nur Kapital, sondern auch spezielles Fachwissen sind daher erforderlich, um die erforderlichen Investitionen in „Wachstumsinfrastruktur“ zu tätigen und somit das volle Potenzial der Energiewende auszuschöpfen.

Dieser Beitrag wurde von Marco van Daele, CEO von SUSI Partners, verfasst.

[1] BloombergNEF (2024), Energy Transition Investment Trends 2024.

[2] IRENA (2023), Energy Transitions Outlook 2023.